Seit November hatte ich zehn junge Leute, drei Mädchen und sieben Jungs, auf ihre Firmung vorbereitet, die ihnen am Samstag Bischof Dr. Gebhart Fürst in der Schorndorfer Heilig-Geist-Kirche gespendet hat. Zehn Abenden und zwei Samstagvormittage hatte ich mit den 15-Jährigen zu gestalten. Meine Motivation dabei: Mit Jugendlichen in Kontakt kommen, wahrnehmen wie diese drauf sind und idealerweise meinen Glauben an Gott weitergeben, damit auch bei meinem Begräbnis genügend Menschen noch in der Lage sind „Großer Gott wir loben Dich“ zu schmettern.

Wunderbare junge Menschen: Ein Teil meiner Firmlinge am Samstag nach dem Gottesdienst mit Bischof Gebhart Fürst. FOTO: FROMM

In der Vorbereitung der Abende erhielten wir jede Menge Papier und Kopien, mit denen wir hätten arbeiten können/sollen. Doch weil mich das sehr an Religionsunterricht erinnerte und ich selbst Ideen hatte, die ich ausprobieren wollte, machte ich komplett mein eigenes Ding. Und Treffpunkt war jeweils der Besprechungsraum in meinem Büro, damit ich keine Zeit verliere oder Absprachen treffen muss.

Beeindruckt haben mich von Anfang an Pünktlichkeit und Vollständigkeit der Gruppe, in der vor allem Jugendliche aus italienischem oder polnischem Elternhaus noch Grundzüge einer christlichen bzw. katholischen Sozialisation wie etwa gemeinsames Tischgebet oder Gottesdienstbesuch am Sonntag hatten. Daran messe ich zwar nicht Frömmigkeit, aber es geht viel (Glaubens-)Substanz verloren, wenn schon Grundgebete wie das Glaubensbekentnis oder Basiswissen über die Sakramente nicht mehr vorhanden sind.

In meinen zehn Stunden setzte ich vor allem auf Selbsterfahrung und erzählte viel aus meinem Leben, welche Erlebnisse und Erfahrungen ich mit Kirche verbinde, wann mir mein Glaube half oder wie ich mit Zweifeln und Dogmen umgehe. Mehrmals lud ich die Jugendlichen ein, reihum laut auszusprechen, was sie an sich selbst gut finden. Und als sie anfangs nur Schulerfolge und andere „externe Leistungen“ aufzählten, spiegelte ich ihnen das.

An weiteren Abenden konnten sie sich dann selbst loben, dass sie etwa gut zuhören können, toll aussehen oder schön singen. Dabei beeindruckte mich, mit welcher Ernsthaftigkeit diese jungen Menschen dabei waren. So erhöhten wir bald den „Schwierigkeitsgrad“ und sie sollten sich gegenseitig Dinge sagen, die sie aneinander schätzen. Auch hier wurde es sehr intim, ohne dass gelacht wurde.

Mein Transfer dabei bestand einzig darin, dass ich ihnen sagte, dass jeder ein Ebenbild Gottes ist und deshalb diese Göttlichkeit in jedem von ihnen sichtbar ist – spätestens wenn man genau hinschaut. Deshalb ging es mir an den Abenden, an denen ich etwa von den Kriegserlebnissen meines Vaters erzählte, vor allem um Achtsamkeit.

Einmal setzten wir das Gleichnis, in dem der Weinbergbesitzer jedem am Abend denselben Lohn zahlt, als Streitgespräch um, in dem der Arbeitgeber, ein Gewerkschafter und ein Arbeiter miteinander diskutieren, was gerecht ist. Schnell merkten meine Firmlinge, wie politisch die Bibel ist. Manchmal bat ich sie auch von ihren Niederlagen zu erzählen und wie sie damit umgehen. Und einmal war mein Bruder zu Gast, der vom Sterben seiner Tochter erzählte. Auch hier war ich tief berührt, wie achtsam „meine“ Jugendlichen nachfragten.

Nun bin ich gespannt, wie es in deren (religiösem) Leben weitergeht und was „hängen bleibt“ von dem, was ich ihnen vermitteln wollte. Ich werde für diese jungen Menschen beten und bin dankbar, dass ich sie kennenlernen durfte. Denn diese jungen Leute sind großartig und es nervt mich, wenn meine Generation über sie (oder Flüchtlinge) herzieht, obwohl sie kaum welche persönlich kennt.

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